Der Global Wellness Summit (GWS) hat vor Kurzem seinen jährlichen Wellness-Trendbericht vorgelegt – die am längsten existierende und ausführlichste (120 Seiten) Prognose dazu, was im laufenden Jahr in Sachen Wellness Wellen schlagen wird. Im Hinblick auf die vergangenen 20 Jahre, seit die Wellness-Branche in dieser Form analysiert wird, wurden im Jahr 2023 mehr Umwälzungen verzeichnet als im gesamten vergangenen Jahrzehnt. Der weltweite Markt wird von derzeit 5,6 Billionen Dollar bis 2027 auf 8,5 Billionen Dollar anwachsen – und zahlreiche Umfragen zeigen, dass den Menschen Wellness noch nie so wichtig war wie heute. Doch welche Art von Wellness wichtig ist – und für wen – unterliegt einem tiefgreifenden Wandel. Die Unterschiede zwischen Generationen, Einkommen und Geschlechtern werden immer größer und lassen eine Wellness-Landschaft entstehen, die zunehmend von sehr unterschiedlichen – wenn nicht sogar widersprüchlichen – Märkten und Mentalitäten geprägt ist.
Der GWS bezeichnet diese beiden polarisierten Wellness-Märkte als „Hardcare” und „Softcare.”„Hardcare” beschreibt den neuen hyper-medizinischen, hochtechnisierten und noch teureren Wellness-Markt. „Softcare” befasst sich mit dem neuen Wunsch nach stressfreier, einfacherer, weniger kostspieliger und weniger unerbittlich selbstoptimierender Wellness, bei der emotionales und soziales Wohlbefinden im Vordergrund steht.
Der Trendbericht verdeutlicht, dass es nicht mehr nur ein Wellness-Narrativ oder einen einheitlichen Trend gibt. Die Zukunft bringt sowohl eine intensivere (Hardcare) als auch eine sanftere (Softcare) Betreuung, und diese Polarisierung wird sich weiter verstärken.
| Themen im Bericht |
Mehr „Hardcare” – von Longevity Kliniken bis hin zu Medikamenten zur Gewichtsreduktion, die Medizin mischt mit: Die Geschwindigkeit, mit der die Medizin den Wellness-Markt erobert, ist bemerkenswert. Ein Trend zeigt, wie das Streben nach einem langen Leben die Gesundheits- und Wellness-Sparte weiterhin dominieren wird, wobei medizinisch orientierte, teure Longevity-Kliniken zum neuen Geschäftszweig werden, welche die komplette Palette anbieten – von fortschrittlicher Diagnostik bis hin zu Stammzellenbehandlungen. Ebenso erstaunlich ist, wie schnell neue Medikamente zur Gewichtsreduzierung die auf Verhaltensänderungen ausgerichteten Wellness-Unternehmen – seien es Diät-Plattformen oder Kurorte – auf den Kopf gestellt haben.
Der Report analysiert die Auswirkungen dieser Medikamente: Wie Wellness-Unternehmen schnell dazu übergingen, die „Wunderspritze“ der großen Pharmaunternehmen zu verordnen, und dass die Zukunft des Wellness-Markts darin besteht, ein gesünderes, umfassenderes Konzept zur Gewichtsreduzierung bereitzustellen.
Mehr „Softcare” – mehr preisgünstige, althergebrachte, soziale, emotionale, zutiefst menschliche Wellness: Die Medien haben darüber berichtet, wie jüngere Menschen (vor allem Frauen) sich gegen die „Hochdruck-Wellness“ wehren und echte Wellness als chaotischeres, freudigeres, einfacheres und kostengünstigeres Angebot mit mehr Spaß neu definieren. Die neue Sehnsucht nach einfacherem, tiefgründigerem Wohlbefinden ist die treibende Kraft hinter einem der Top-Reisetrends des Jahres: Eine Rekordzahl von neu belebten Pilgerpfaden auf der ganzen Welt lockt neue Generationen zur ältesten, langsamsten, gemeinschaftlichsten und spirituellsten Form des Reisens. Und wenn Wellness bisher an klischeehaften Vorstellungen von Männlichkeit (die sich nur auf das Körperliche konzentrierten) mitschuldig war, zeigt ein anderer Trend, wie Wellness nun einen menschlicheren Ansatz für Männer verfolgt, mit einer Flut von Retreats, kleinen Gruppen und Apps, die sich auf deren soziales und emotionales Wohlbefinden konzentrieren.
Wellness wird ernsthafte Krisen bewältigen, von Klimagefahren bis hin zur Frauengesundheit: Da die Temperaturen jedes Jahr neue Rekorde brechen, gibt es einen Trend, der eine neue „klima-adaptive Wellness“ erschließt – eine Reihe von Lösungen, die das Eigenheim, die Städte und Körper abkühlen können. Und da die Lösung von vollkommen ignorierten Frauengesundheitsproblemen heute den Kern von Wellness darstellt, beschäftigt sich ein weiterer Trend damit, wie dringend benötigte Innovationen in der Betreuung frisch gebackener Mütter (und Väter) vorankommen – von Rückzugsmöglichkeiten nach der Geburt bis hin zu neuen Apps für die psychische Gesundheit.
Neue Technik, neue Wellness-Kategorien: Verschiedene Trends verdeutlichen, dass Innovationen im Bereich Wellness-Technologien auf Hochtouren laufen. Einer davon beschäftigt sich damit, wie das Zuhause zu einem Hightech-Gesundheitszentrum wird – mit allem, was dazu gehört: von medizinischen Diagnosesystemen bis hin zu intelligenten Möbeln, die das Wohlbefinden in Echtzeit anpassen. Technologien wie die generative KI beflügeln auch eine neue Ära der „Wellness-Kunst“. Das Erleben von Kunst war zwar schon immer eine passive Angelegenheit, aber durch eine neue Art von Kunsterlebnissen in Museen, Resorts und öffentlichen Räumen wird sie zu einer multisensorischen, immersiven Erfahrung, die speziell darauf abzielt, das geistige Wohlbefinden zu steigern. Hier die zehn wichtigsten Trends:
| 1. – Klima-adaptive Wellness |
Angesichts der zunehmenden Erwärmung unseres Planeten, die erhebliche physische und psychische Gesundheitsrisiken mit sich bringt, werden wir eine neue „klima-adaptierte Wellness“ erleben – eine Fülle von Innovationen, die unseren Körper, unsere Häuser und Städte kühlen können. Wir können die Welt nicht immer weiter klimatisieren: Das macht die Fortschritte beim Klimawandel zunichte. Kühlkonzepte – von modern bis althergebracht – werden das aktuelle Thema in Architektur und Design sein.
Es wird mehr Grünflächen, Bäume und Dachgärten, zunehmend Hightech-Baumaterialien und wärmereflektierende Farben für Straßen und Dächer sowie Hitze abweisende Designs aus Ländern wie dem Nahen Osten geben, in denen es schon immer sehr heiß war. In Städten wird alles neu gedacht: Man baut Kältezentralen und öffentliche Schwimmbäder, und viele säubern schnellstmöglich ihre Wasserläufe, um den Menschen das Wildschwimmen zu ermöglichen – eine unglaubliche Gegenmaßnahme. Intelligente Kühlkleidung wird sich durchsetzen, ebenso wie Bekleidung, die Körperwärme-Indikatoren überwacht – von der Kerntemperatur über den Wasserhaushalt bis zu Elektrolyten.
Unser zunehmend glühender Planet verändert das Reiseverhalten: Die Menschen rücken von den traditionellen „Hotspots“ ab, tauschen Strände und Wüsten gegen Berge, das Mittelmeer gegen Skandinavien und den Sommerurlaub gegen Herbst- oder Frühlingsurlaub, um sich sogenannten „Cool-cations“ zuzuwenden.
Vieles wird sich im traditionellen Wellnessbereich verändern, vom neuen Fokus auf die Rolle der Wärme-/Kältetherapie bei der Wärmeregulierung des Körpers bis hin zu (kühleren) „Nacht-Wellness“-Programmen in Hotels und Resorts, von der Sternebeobachtung bis zum Vollmond-Yoga.
| 2. – Die Kraft von Pilgerfahrten |
Ein Silberstreif am Horizont der Pandemie ist, dass Menschen auf der ganzen Welt die einfachen Freuden und den gesundheitlichen Nutzen des Wanderns und einer gezielten Verbindung mit der Natur wiederentdeckt haben. Heutzutage erweitern Wanderbegeisterte ihren Horizont, indem sie alte Pilgerpfade erkunden. Sie befeuern damit einen globalen Trend, denn eine Rekordzahl an Reisenden unternimmt weltweit mehrtägige Wanderungen, um Spirituelles zu entdecken und Kulturerbe kennenzulernen. Während im Jahr 2023 fast eine halbe Million Pilger den berühmten Jakobsweg in Spanien absolviert haben (ein neuer Rekord), zog es zahlreiche moderne Pilger auch an Orte abseits der ausgetretenen Pfade in Japan, wie den Shikoku 88 und den Michinoku-Küstenpfad, sowie zu belebten Pilger-Destinationen in Sri Lanka, Bhutan, Indien und Italien, die alle dank staatlicher Bemühungen zur Förderung des ganzheitlichen Tourismus umfassend restauriert wurden.
Aus der Wellness-Perspektive hat dieser Trend durchaus seine Berechtigung: Eine Pilgerreise ist eine Metapher für den Weg zur Erleuchtung, die zu langsamem, meditativem Reisen anregt und eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit unserer Umgebung ermöglicht, um ein Gefühl der Ehrfurcht zu fördern. Es dabei kommt auch zu unerwarteten Begegnungen mit Fremden, die zu einer tieferen Sichtweise in Bezug auf unseren Platz in einer sehr großen Welt führen.
Clevere Resorts setzen nun auf Pilgerreisen und bieten Wellness-Programme, die Reisen zwischen heiligen Stätten, welche die Teilnahme an Gottesdiensten, Meditationen mit Mönchen und den Zugang zu Zeremonien beinhalten, was früher nur nach jahrelanger Erfahrung auf dem Weg zur Erleuchtung möglich war.
| 3 – Wellness wird zur Männersache |
Wellness bietet Frauen seit Langem einen Raum, in dem sie sich öffnen, ihre Gefühle erforschen und eine Gemeinschaft bilden können – das gilt jedoch nicht für Männer. Sie wurden entweder außen vor gelassen oder, wenn sie doch einbezogen wurden, haben die ihnen offerierten Wellness-Angebote das klischeehafte Bild von Männlichkeit verstärkt – von kämpferischen Fitness-Challenges bis hin zu Biohacks für harte Kerle. Gleichzeitig haben die sich wandelnden Geschlechterrollen und die gesellschaftliche Revolte gegen die althergebrachte Männlichkeit dazu geführt, dass die Männer kein Regelwerk mehr haben, das ihnen vorgibt, was es heute bedeutet, ein Mann zu sein.
Ein kultureller Wandel ist nun im Gange. Die Wellness-Industrie reagiert mit einer Fülle neuer Lösungen, die Männern helfen sollen, wieder mit sich selbst und anderen in Kontakt zu kommen, nachdem die verheerenden Folgen der zunehmenden Einsamkeit von Männern bekannt geworden sind. Ein Beispiel dafür ist die Zunahme von Männer-Retreats wie EVRYMAN und Junto, bei denen es darum geht, den Stoizismus abzulegen und seine Gefühle authentisch mitzuteilen; ein weiteres Beispiel sind die neuen Apps für psychische Gesundheit, die speziell von Männern für Männer entwickelt wurden. In diesem Trend untersucht der Report, wie diese „softeren“ Formen von Wellness als dringend benötigter Katalysator für männliche Beziehungen dienen können. Künftig wird davon ausgegangen, dass soziale und emotionale Wellness-Angebote für Männer differenzierter, an jedes Lebensalter angepasst und globaler werden.
| 4. – Die Entstehung der postpartalen Wellness |
Nach der Geburt befinden sich frischgebackene Eltern in der Regel in einer „Versorgungswüste“: Die ganze Aufmerksamkeit gilt dem Baby – und das Gesundheitssystem lässt die Mütter weitgehend im Stich. Eine Geburt ist zwar ein gewaltiges körperliches Ereignis, und die neue Elternschaft bringt oft ernsthafte psychische Probleme mit sich, die postpartale Betreuung wurde bisher jedoch weitgehend vernachlässigt. Der Wandel ist da: Das neue, umfassende Angebot für Wellness nach der Geburt geht jetzt in viele Richtungen. In vielen Kulturen weltweit gibt es Rückzugsmöglichkeiten für Mutter und Kind nach der Geburt (vom koreanischen Sanjujori bis zur lateinamerikanischen Cuarantena), die sich auf tiefe Entspannung, gesunde Ernährung, Anleitung zur Babypflege, Massage und therapeutische Bäder für die Gebärenden konzentrieren. Zunehmend bieten schicke Retreats nach der Geburt wertvolle Tage und Wochen der Erholung (zu einem hohen Preis) – beispielsweise im Boram Postnatal Retreat in New York City oder im Kai Singapore.
Da die Zahl der postpartalen Depressionen weltweit ansteigt, werden staatliche und unternehmerische Maßnahmen ergriffen. Neue Apps befassen sich mit der psychischen Gesundheit frischgebackener Eltern (wie Mavida Health, das eine ganze Reihe von Therapie- und Beratungsangeboten bietet). Immer mehr Femtech-Start-ups widmen sich dem gesamten Spektrum der postpartalen Versorgung – von Serviceleistungen zur Erholung nach einem Kaiserschnitt bis hin zum Boom bei Produkten und Dienstleistungen für Beckenbodentraining (das für die Gesundheit nach der Geburt so wichtig ist).
Der Markt für Wellness-Konsumgüter hat sich explosionsartig entwickelt, von Hautpflegeprodukten für die Zeit nach der Geburt bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln, wobei einige Marken sogar das sexuelle Wohlbefinden nach der Geburt von seinem Stigma befreien.
Echte postpartale Wellness würde eine drastische Veränderung der derzeitigen Erfahrung nach der Geburt bedeuten, mit Zugang zu einem integrierten Medizin- und Wellness-Team, das einen ganzheitlichen, einfühlsamen Ansatz zur Unterstützung des körperlichen und emotionalen Wohlbefindens der frischgebackenen Eltern bieten könnte, einschließlich Aufklärung, richtiger Ernährung, Physiotherapie und schmerzorientierter Therapien. In Zukunft sollten die Angebote der luxuriösen Postpartum-Retreats, die sich nur wenige leisten können, allen zugänglich gemacht werden.
| 5. – Longevity lebt länger |
Die Geschwindigkeit, mit der Longevity im vergangenen Jahr die Biotech-, Gesundheits- und Wellnessbranche erobert hat, ist atemberaubend. Es ist kein einfacher „Trend“ mehr, sondern die neue tragende Säule der Branche – die Lupe, mit der alles, was wir tun, überprüft werden kann: ein kompletter, vernetzter „Wirtschaftszweig“, dessen Wert bis zum Jahr 2025 auf rund 610 Milliarden Dollar geschätzt wird.
Im Hinblick auf eine alternde Bevölkerung, die eine länger anhaltende Gesundheit anstrebt, und ein medizinisches Establishment, das sich immer noch nicht auf die Prävention konzentriert, ist Longevity ein langfristiges Thema und wird 2024 noch stärker an Bedeutung gewinnen. Der Report bietet dazu zwei Berichte mit unterschiedlichen Blickwinkeln. Der erste stammt von Kenneth R. Pelletier – PhD, MD, klinischer Professor an der UCSF School of Medicine – und identifiziert die acht wichtigsten Forschungsbereiche, die die praktischen Anwendungen der Longevity-Wissenschaft vorantreiben – darunter personalisierte Pläne auf der Grundlage von genetischen, epigenetischen und Biomarker-Tests, Forschung zu Senolytika (Medikamente, die alternde Zellen entfernen können), Telomer-Regeneration, Nutrigenomik und eine neue KI/GPT-gesteuerte Gesundheitsversorgung. Er liefert den dringend notwendigen Rahmen für das, was im Wilden Westen der LongevityLösungen wichtig ist.
Der zweite Bericht untersucht den Longevity-Boom aus der Perspektive der Wellness-Branche und zeigt, dass die hoch medizinischen, hochtechnischen (und hochpreisigen) Longevity-Kliniken mit über 1000 Kliniken weltweit der am schnellsten wachsende Geschäftsbereich sind. Die meisten bieten fortschrittliche diagnostische Tests an (Biomarker, genetische, hormonelle Tests, Ganzkörper-MRTs usw.), um Sachverhalte zu erkennen, bevor sie zu einem Problem werden, wie etwa Fountain Life (dessen Kern die KI-gestützte Diagnostik ist) oder Human Longevity Inc. (wo genomische Tests im Fokus stehen).
Andere bieten experimentelle, weniger bewährte Konzepte wie Stammzellenbehandlungen und Plasmaaustausch sowie die üblichen Biohacking-/Erholungsbehandlungen (Infusionen, Kryotherapie, Ozontherapie usw.) – jetzt allerdings im Namen eines langen Lebens. Immer mehr Fitnessstudios der Spitzenklasse (wie etwa das Saint Haven in Melbourne) entwickeln sich zu regelrechten Longevity-Kliniken, die neben dem Training auch Vorsorgeuntersuchungen (präventive diagnostische Tests, Scans usw.) anbieten.
Ging es in Wellness-Resorts bisher eher um die „Seele“ als um Scans und Stammzellen, so mutiert jetzt eine steigende Zahl von ihnen zu hochmedizinischen Langlebigkeits-Destinationen. Starke Akteure im Bereich der medizinischen Longevity, wie SHA Wellness aus Spanien oder Clinique La Prairie aus der Schweiz, sind auf dem Vormarsch. Das letztgenannte Unternehmen plant 40 neue urbane Longevity-Zentren. Die gefühlvolle Marke Six Senses eröffnet Medical-Longevity-Clubs (genannt Rosebar), die von epigenetischen Tests bis zur Stammzellentherapie alles im Angebot haben.
Immer mehr Wellness-Resorts, wie das italienische Borgo Egnazia und das thailändische Kamalaya Koh Samui, setzen auf Longevity und bieten Blue Zones Retreats, in denen die Gäste miteinander in Kontakt kommen, kochen und sich bewegen, wie jene Menschen, die weltweit am längsten leben.
2024 wird eine weitere Flut an Kliniken, Reisezielen und Tools versuchen, den Menschen dabei zu helfen, länger und besser zu leben. Aber wir werden auch beginnen, einige problematische Fragen zu stellen. Zum Thema Zugang: Werden wir mit überteuerten Kliniken/Lösungen in eine Zukunft gelangen, in der nur die Armen altern? Wie können es sich die meisten Menschen leisten, 130 Jahre alt zu werden? Welche Auswirkungen hat der Wunsch „Nie zu sterben“ auf unsere psychische Gesundheit und auf die Akzeptanz des Todes?
| 6. – Ein Wellness-Check für Medikamente zur Gewichtsabnahme |
Die Wellness-Branche wurde durch die neuen, extrem wirksamen GLP-1-hemmenden Medikamente zur Gewichtsreduktion der großen Pharmakonzerne, wie beispielsweise Ozempic und Mounjaro, wachgerüttelt. Diese haben die traditionellen Ansätze zur Gewichtsabnahme auf den Kopf gestellt, indem sie die Gewichtsabnahme als eine Frage der Biologie und nicht der Psychologie und „Willenskraft“ darstellen. Sie haben schnell Herausforderungen für Unternehmen geschaffen, die sich auf Verhaltensänderungen konzentrieren, seien es Diät-Plattformen, Fitnessstudios oder Wellness-Resorts.
Eine wichtige Triebfeder des Wellness-Markts war schon immer die Gewichtsabnahme, früher explizit, heute eher stillschweigend, da sie nach den hart erkämpften Erfolgen im Bereich Body Positivity zu einem Schimpfwort wurde.
Die neue „Wunderspritze“ hat im Hinblick auf Gewichtsreduktion die Büchse der Pandora schnell geöffnet – und ihr Einfluss auf die Welt und die Wellness-Branche wird sich im Jahr 2024 sicherlich noch ausweiten. Die Zahl der Menschen weiltweit, die sie nutzen, ist sprunghaft angestiegen, was zu einer anhaltenden weltweiten Verknappung geführt hat.
Mindestens 70 neue Medikamente befinden sich in der Entwicklung, wobei in diesem Jahr neue, billigere und sehr wirksame Medikamente wie Zepbound auf den Markt kommen. Da die Menschen nach diesen Medikamenten verlangen, berichtet der Trendreport darüber, wie mehr Wellness-/Gesundheitsunternehmen schnell auf den (profitablen) Weg der Verschreibung von Medikamenten umgestiegen sind, sei es bei Telemedizin-Marken wie „Ro or Found“ oder bei Plattformen zur Gewichtsreduzierung wie „WW“ (früher Weight Watchers) und „Noom“. Dazu gibt es vielfältige Debatten rund um die Medikamente und die Unternehmen, die solche Schritte unternehmen.
Befürworter argumentieren damit, dass sie die weltweite Adipositas-Epidemie beenden und Millionen von Menschenleben retten könnten.
Kritiker stellen ihre langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen infrage und weisen darauf hin, dass sie diskriminierende Ideale wie „dünn ist gleich gesund“ verstärken, und zwar sehr wirksam sind, aber keine ganzheitliche Gesundheit bieten können: Bewegung, gesunde Ernährung und mentales Wohlbefinden sollten hier weiterhin im Vordergrund stehen.
Der Report geht davon aus, dass sich die Wellness-Welt im Jahr 2024 mit der Frage befassen wird, wie sie (nicht nur dem Namen nach) ehrlichere, vollständig integrative und ganzheitliche Konzepte zur Gewichtsabnahme anbieten kann (die von Ernährungsberatung über Fitness bis hin zu psychischen Dienstleistungen und fortgeschrittenen Stoffwechselanalysen alles beinhalten), und gleichzeitig spezielle „Wellness-Begleitprogramme“ für diejenigen entwickeln, die Medikamente einnehmen wollen. Die Zukunft: Evidenzbasierte Methoden, die den Menschen helfen könnten, von diesen „ewigen“ Medikamenten loszukommen, und die ihre Gesundheit gezielt verbessern, während sie sie einnehmen.
| 7. – Sport findet seinen Platz in der Hotelbranche |
Nachdem Fitness jahrzehntelang einsame Einzelsitzungen im Studio bedeutet hat, finden nun immer mehr Menschen weltweit Gefallen an sozialen Sportarten (siehe: der Hype um Pickleball) – und immer mehr Menschen wollen trainieren wie Spitzensportler. Gleichzeitig fehlten den Profi-, College- und sogar Nachwuchssportlern, die ständig zu Wettkämpfen unterwegs sind, Hotelanlagen, die Wellness, Heilbehandlungen und modernste Fitnessgeräte anbieten.
Für die Trendscouts ist es seltsam, wie sehr bisher der „Sport“ aus der Hotelbranche ausgeklammert wurde – aber das ändert sich jetzt. Hotel-Destinationen folgen dem Ruf mit allem, was dazugehört: von Profi-Trainern bis hin zu Einrichtungen auf Profi-Niveau. Der weltweite Markt für Sporthotels wurde zuletzt auf 4,75 Milliarden Dollar geschätzt, und der Trendreport ist davon überzeugt, dass er weiter boomen wird. Immer mehr hochwertige Wellness-Ziele sind für Freizeitsportler konzipiert, die ihren Sport ernst nehmen. Sie bieten ihren Gästen die Möglichkeit, mit ihren Sportidolen zu trainieren und von ihnen zu lernen.
Im Body Holiday in St. Lucia gibt es nun neun spezielle Sportmonate, die von Profisportlern wie NFL-Star Randy Moss und Olympioniken wie Daley Thompson, Alix Klineman und Angie Akers geleitet werden, mit deren Hilfe die Teilnehmer ihre Lauf-, Schwimm- und Mannschaftsfähigkeiten verbessern können. Im Jahr 2024 bietet Aman Resorts Fitness-, Leistungs- und Genesungsaufenthalte unter der Leitung der fünffachen Grand-Slam-Siegerin Maria Sharapova an. Neue Hotelmarken richten sich direkt an Spitzensportler und bieten bis ins kleinste Detail ausgefeilte Wellness-, Fitness- und Erholungsprogramme. Equinox Hotels plant 33 Häuser und wird als Nächstes das außergewöhnliche Wellness-Ziel Amaala in Saudi-Arabien eröffnen, mit einem Fitnessstudio auf Profi-Niveau, Personal Trainern, das Gehirn anregender Technologie zur Leistungssteigerung und einem kompletten Erholungsangebot, von Kryo-Kammern bis zu Infusionen auf Abruf.
Siro, ein umwerfendes Fitness- und Erholungshotelkonzept, das jüngst sein erstes Haus SIRO One Za‘abeel in Dubai eröffnet hat, optimiert das komplette Angebot (von den Zimmern bis zum Essen) für Sportler aller Niveaus, richtet sich aber vor allem an Profis – vom riesigen Fitnessraum, der von Olympioniken entworfen wurde, bis hin zum unglaublichen Recovery Lab. Der Sporttourismus (Menschen, die zu Sportveranstaltungen reisen) ist ein riesiger Markt, aber immer mehr Destinationen fangen an, die Menschen anstatt zu Zuschauern zu Teilnehmern zu machen.
Vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris wird ein Marathon für Amateure stattfinden, damit sie den Nervenkitzel auf der Strecke erleben können. In diesem Sommer werden bei der Tour de France zum ersten Mal neue Radwege in der Nähe der Strecke eröffnet, damit Fahrrad-Enthusiasten mitmachen können. Hotelkonzerne denken nicht nur an „Training wie ein Sportler“, sondern organisieren auch Wettkämpfe: Schwimmer, Läufer, Tennis- und Pickleballspieler wollen sich wirklich mit Gleichgesinnten messen. Man kann also im Jahr 2024 getrost eine neue Kategorie zum Tourismuslexikon hinzufügen: Sport-trifft-Wellness-Reisen.
| 8. – Das Zuhause als Hightech-Gesundheitszentrum |
Wellness-orientierte Wohnungen sind seit Jahren ein Megatrend, wobei Annehmlichkeiten wie Meditationsräume und kalte Tauchbecken eine große Rolle spielen. Jetzt werden Häuser und sogar Städte zu hochmodernen, vielseitigen Gesundheitszentren. Der Wandel ist beispiellos und reicht vom Aufkommen medizinischer Überwachungssysteme für den Hausgebrauch bis hin zu intelligenten Einrichtungen, die sich in Echtzeit an die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen anpassen.
In der Ära nach der Pandemie, in der immer mehr Zeit zu Hause verbracht wird, geht die Gesundheit zu Hause neue Wege. Zu diesem Trend gehört auch die „häusliche Krankenpflege“, bei der das Heim zu einem modernen „ambulanten“ Pflegezentrum wird, unterstützt durch digitale Gesundheitsdienste – von vollständig integrierter Telemedizin bis hin zu neuen Technologien zur Gesundheitsüberwachung und -diagnose, welche die Abhängigkeit von persönlichen Kontakten mit Ärzten verringern.
Entsprechend gibt es viele Innovationen beim Einsatz von M-Health (Mobile Health) für die häusliche Pflege. Das gerade auf den Markt gekommene foneDX (von electronRX) beispielsweise nutzt vorhandene Smartphone-Sensoren und eine UI-App, um die kritische Herz- und Lungengesundheit von Menschen direkt zu Hause zu messen. In den nächsten fünf Jahren werden voraussichtlich 45 % der Gesundheitsdienstleistungen zu Hause erbracht werden. Städte werden zu Hightech-Gesundheitszentren. In der mit Spannung erwarteten neuen intelligenten Stadt NEOM in Saudi-Arabien (die im Jahr 2025 entstehen soll) erfasst das futuristische Gesundheitssystem Dr. NEOM kontinuierlich die Gesundheitsdaten der Bevölkerung und speichert sie als „digitalen Zwilling“ jedes Einwohners. Mit dieser Fülle von Informationen kann das System Gesundheits- und Wellness-Maßnahmen präzise anpassen und sogar Gesundheitsprobleme vorhersagen, bevor sie auftreten.
Die Zukunft ist tragbar: Sensorisch unterstütztes Design geht weit über Wellness-Konzepte wie Feng Shui und biophile Innenräume hinaus. Eine neue Generation von Textilien beinhaltet Stoffe, die uns zu Hause umgeben und die als interaktive Schnittstellen lebendig werden. Unternehmen wie Getsound.ai oder Endel schaffen personalisierte Bio-Klanglandschaften, die auf unseren biometrischen Echtzeit- und Umweltdaten basieren. Unser Zuhause wird sich zu einem vielseitigen Ökosystem entwickeln, das fortschrittliche Nanotechnologie und empathische Architektur miteinander verbindet und Lebensräume schafft, die unsere biometrischen Daten erfassen. Die daraus resultierende Umgebung entsteht dynamisch aus unserer eigenen Psyche.
Das Zuhause als Hightech-Gesundheitszentrum ist ein zukunftsweisender Trend im Bereich Wellness-Immobilien, dem am schnellsten wachsenden Wellness-Markt überhaupt: Er hat derzeit einen Wert von 398 Milliarden Dollar und wird bis 2027 voraussichtlich auf 887,5 Milliarden Dollar anwachsen.
| 9. – Neue multisensorische, immersive Kunst für Wellness |
Früher war Kunst eine passive Erfahrung: Man starrte ein Gemälde an oder aß neben einem Skulpturengarten zu Mittag. Das ist nun vorbei. Mit den neuen technischen Möglichkeiten der Künstler, die durch Innovationen wie generative KI, Projection Mapping und Raumklangtechnologien entstehen, beginnt eine neue Ära der multisensorischen, immersiven Kunst.
Diese neuartige Kunst geht über das bloße Anschauen hinaus und bietet uns die Möglichkeit, all unsere Sinne einzubeziehen und anzusprechen – und sie ist ausdrücklich darauf ausgerichtet, unser geistiges Wohlbefinden zu verbessern. Museen, Hotels und Spas nehmen immer mehr multisensorische Kunsterlebnisse in ihr Angebot auf und legen dabei den Schwerpunkt auf Wellness als integriertes Angebot. Ein Beispiel: Das Mandala Lab im Rubin Museum in New York City kombiniert Video, Duft, Skulptur und Klang auf der Grundlage buddhistischer Prinzipien zu einer ganzheitlichen, spirituellen Ausstellung.
Im Termemilano-Spa in Mailand, Italien, umgibt eine Video-Himmelslandschaft mit stürmischem Himmel einen Hydro-Pool, der eine unvergleichlich stimmungsvolle Atmosphäre schafft. Six Senses Resorts schaffen multisensorische somatische Erlebnisse, wie zum Beispiel Bio-Alchemie-Skulpturen, die mit Düften getränkt sind, Schweberfahrungen mit Meeresgeräuschen oder geodätische Kuppeln mit vibroakustischen Böden. Multisensorische, immersive Kunst ist im öffentlichen Raum unglaublich weit verbreitet.
Von Installationen in Stadtbildern bis hin zu KI-gesteuerter Kunst in Krankenhäusern, die Gesichtserkennungssoftware einsetzen, um audiovisuelle Bilder auf der Grundlage jeweiliger persönlicher Emotionen zu liefern. In Zukunft werden generative Kunstwerke mit der zunehmenden Verbreitung von tragbaren Technologien noch stärker personalisiert, partizipativ und therapeutisch wirksam werden.
Die adaptive Kunst wird sich weiter durchsetzen und die Grenzen dessen, was Sinneseindrücke und Kunst als Wohlbefinden bedeuten können, erweitern.
| 10. – Unter dem Radar |
Auf dem jährlich stattfindenden Global Wellness Summit treffen sich Delegierte aus der ganzen Welt, um vier Tage lang hochkarätige Erkenntnisse zu gewinnen. Aufgrund ihres globalen Charakters und der Ansammlung namhafter Teilnehmer aus der Welt der Gesundheit und Wellness ist der Summit ein Inkubator für neue Ideen. Viele dieser neuen Ideen waren Ausgangspunkt für die Trends im aktuellen Bericht, aber die GWS-Vorsitzende und CEO Susie Ellis stellt immer wieder fest, dass auch interessante neue Richtungen diskutiert werden, die derzeit vielleicht noch unter dem Radar fliegen, aber das Potenzial haben, zu Trends zu werden.
Heuer stellt Susie erstmals einige Themen zum Beobachten in den Vordergrund, die sie für besonders wichtig hält. Dazu zählt, dass die Wellness-Welt angesichts der weltweit sprunghaft ansteigenden Zahlen psychischer Erkrankungen stärker an der Entstigmatisierung von psychischen Problemen und an der Entwicklung neuer Lösungen arbeiten sollte.
Simone Biles Grundsatzrede handelte beim vorigen Summit im Herbst 2023 genau von diesem wichtigen Thema. Sie berichtete, warum sie aufgrund von psychischen Problemen von den Olympischen Spielen 2020 zurücktreten musste und forderte eine Welt, in der man einen „Helm auf dem Kopf“ tragen kann, um gefahrlos psychische Probleme zu signalisieren – so wie ein Gips ein gebrochenes Bein schützt. Der Bedarf an weiteren Lösungen für mentales Wohlbefinden wurde auf dem Gipfel deutlich. Amy McDonald (CEO, Under a Tree Consultancy) argumentierte, dass wir angesichts der Tatsache, dass Teenager weltweit mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, die Altersgrenzen für Wellness-Zentren und Spas senken müssen, damit sie von evidenzbasierten Heilbehandlungen profitieren können.
Einrichtungen wie das Zulal Wellness Resort in Katar haben sich bereits auf diese Tatsache eingestellt. Es gab neuartige Ideen, wie etwa die Forschungen von Anjan Chattergee, MD, Professor für Neurologie an der University of Pennsylvania, zum „Slow Looking“ – wie die Betrachtung eines Kunstwerks über 15 Minuten (anstatt einiger Sekunden) zu einer eindrucksvollen Wirkung auf das Gehirn führt.
Ein weiteres Megathema: die Einführung einer innovativen, leistungsfähigen staatlichen Wellness-Politik. Es wurde über die „Entkopplung vom BIP“ diskutiert: Regierungen sollten sich weniger auf das Geld konzentrieren, sondern mehr auf die Lebensqualität, um das nationale Wohlergehen zu messen. Durch seine weltweit führende Gesundheits- und Wellnesspolitik hat Singapur die Gesundheit und die Lebenserwartung seiner Bürger drastisch verbessert und wurde daher soeben zur sechsten Blauen Zone ernannt. Dies kennzeichnet die Zukunft der „Blauen Zonen 2.0“, in denen Gemeinden aktiv ein Umfeld schaffen, in dem gesunde Entscheidungen ganz „natürlich“ getroffen werden.
Hauptrednerin Sophie Howe, die ersten Beauftragte für künftige Generationen in Wales, erläuterte beim Wellness Summit, welche entscheidende Rolle die Politik beim Schutz des Lebens und der Gesundheit derjenigen spielen muss, die in 50 Jahren geboren werden. Deborah Birx, MD, stellte das Konzept der „Wellness-Diplomatie“ vor, das eine gespaltene Welt zusammenbringen könnte, um gemeinsam an der Prävention zu arbeiten.
| Über den Global Wellness Summit |
Der Global Wellness Summit ist die erste Organisation, die führende Unternehmen und Visionäre zusammenbringt, um die Zukunft der globalen Wellness-Wirtschaft mit einem Umsatz von 5,6 Billionen Dollar positiv zu beeinflussen. Neben einer Konferenz, die jedes Jahr an einem anderen Ort stattfindet, veranstaltet GWS zudem virtuelle Konferenzen, darunter die Wellness Master Classes, und hält jedes Jahr ein Präsenz-Symposium über Wellness-Immobilien und -Gemeinschaften ab. Der jährliche Global Wellness Trendbericht der Organisation bietet von Experten erstellte Prognosen über die Zukunft der Wellness, die häufig in den Medien zitiert werden.
Der 18. jährliche GWS wird heuer vom 4. bis 7. November 2024 in St. Andrews, Schottland, stattfinden.