„Was macht ein gutes Wellnesshotel aus?“ Auf diese Frage antworte ich meist: „Es muss mich überraschen.“ Hotels, in denen ich in der Vergangenheit nicht mehr auschecken wollte, begeisterten mich vor allem durch ihre Fähigkeit, mich nachhaltig zu verblüffen. Dabei ist die Sehnsucht zu staunen seit der Pandemie noch gewachsen. Es dürstet uns alle nach Außergewöhnlichem. Wann der Wellnessurlaub zum richtig heißen Date wird und was sich internationale Top-Hotels, wie das Burj Al Arab in Dubai oder die Soneva Hotels im Indischen Ozean, einfallen lassen, um in glücklicher Erinnerung zu bleiben, verrate ich hier.
| Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude |
Dass die Hardware eines Hotels stimmen muss, ist den meisten Hoteliers bewusst. Um sich allerdings positiv von der Masse abzuheben, muss auch die Software, also der Service überzeugen. Nach den langen Monaten des häuslichen Corona-Arrests ist die Sehnsucht, umsorgt zu werden, besonders groß. Dabei lassen die Wellnesshotels mein Herz höherschlagen, die meine Vorfreude steigern, mir ganz persönlich begegnen und mir schon vor meiner Anreise das Gefühl geben, alles zu tun, damit mein Urlaub zum Traumurlaub wird. Daher befragen besonders ambitionierte Hoteliers ihre Gäste bereits im Vorfeld nach ihren Urlaubserwartungen, ihren Wellness-Präferenzen und ihren kulinarischen Vorlieben und gegebenenfalls ihren Allergien.
Ein maledivisches Hideaway mailte mir bereits vor meinem Eintreffen einen Fragebogen, der sich nach meinen Urlaubsbedürfnissen erkundigte. Wünschte ich mir vor allem Ruhe oder sollte es aktiv im Urlaub zugehen? Wie wäre es mit einer Schnorchel-Exkursion auf eine einsame Insel? Außerdem wollte das Hotel in Erfahrung bringen, welche Temperatur mir auf dem Zimmer bei meiner Ankunft behagte, in welcher Größe der Kimono und die Hausschuhe bereitgestellt werden sollten und ob wir eine Kinderbetreuung für unsere Auszeit benötigen würden. Schon dieser Fragebogen ließ die Schmetterlinge in meinem Bauch aufgeregt flattern und gab mir das Gefühl, sehnlichst erwartet zu werden. Und das ist nicht nur bei einem Rendezvous, sondern auch bei einem bevorstehenden Urlaub ein großartiges Gefühl.
Um sicherzugehen, dass meine Anreise auch wirklich entspannt würde, sandte mir ein Hotelier in Südtirol vor meiner Ankunft sogar einen Routenplaner mit Stau-Informationen. Eine Aufmerksamkeit, die ich sehr zu schätzen wusste.
| Der erste Eindruck zählt |
Und genau wie bei einem Date zählt auch bei einem Wellnesshotel der erste Eindruck. Dabei imponierte mir in einem hessischen Grand Hotel das formvollendete Ankunfts-Zeremoniell ganz besonders: Schon bei der Einfahrt vor dem Hotel begrüßte mich der Bell Boy mit einem Lächeln, öffnete mir formvollendet die Autotür und hieß mich namentlich willkommen. Dank dieser persönlichen Anrede fühlte ich mich in diesem Augenblick wie ein VIP.
Für einen ebenfalls gelungenen Urlaubsauftakt sorgte ein anderes Wellnesshotel. Schon bei der Einfahrt vor der Hotel-Lobby wurde ich hier auf einer großen Schiefertafel namentlich begrüßt. Selbstverständlich musste ich in diesem Hotel auch mein Auto nicht selbst parken, geschweige denn mein Gepäck ausladen. Und auch beim Check-in ging es so persönlich und zuvorkommend weiter.
Ein professionell agierendes Wellnesshotel hat meine Daten bereits vor meiner Ankunft in Erfahrung gebracht, sodass ein langwieriger Check-in hinfällig wird. Stattdessen erfreue ich mich an einer herzlichen Willkommensgeste. Das Glas Sekt-Orange kommt dabei schon ein wenig fad daher. Wie wäre es zur Abwechslung mit einer Kräuter-Limonade aus dem hoteleigenen Kräutergarten und dazu einer landestypischen Stärkung, in den Bergen zum Beispiel in Form eines frischen Almkäses? Auch warme oder kalte Erfrischungstücher sind als Empfangsritual gerne gesehen.
Der Fantasie des Hoteliers sollten bei der Willkommensgeste keinerlei Grenzen gesetzt sein. Gewünscht ist, was ein bisschen anders und vor allem überraschend erscheint.
| Kreativität ist gefragt |
Auch bei der Begrüßung auf dem Zimmer dürfen Sie als Hotelier mutig sein und zeigen, was Sie können. Während ein Obstkorb und der handsignierte Willkommensgruß auf dem Zimmer beinahe schon zum Standard der gehobenen Wellness-Hotellerie gehören, brachte mich ein Top-Hotel in Dubai mit einem Törtchen mit meinem Konterfei aus Marzipan vollkommen aus dem Konzept. Einen derart ausgefallenen Willkommensgruß hatte ich auf meinen Reisen bislang noch nie erlebt!
In einem anderen Wellnesshotel wurde ich schon vor Antritt meiner Reise nach meinen literarischen, musikalischen und cineastischen Präferenzen befragt.
Als ich dann mein Hotelzimmer betrat, verstand ich den Grund dieser Erkundigung: Der Raum war erfüllt von meiner Lieblingsmusik, auf dem Nachttisch wartete eine für mich zusammengestellte Urlaubsbibliothek und neben dem Video-Rekorder thronten bekannte Kinoklassiker. Wow! Dabei können Hotels auf vielfältigste Weise Eindruck schinden.
Auf Soneva Fushi auf den Malediven wurde mir sogar einmal ein Miniatur-Kühlschrank für meine Kosmetika zur Verfügung gestellt. Auch nicht selbstverständlich war der Fragebogen, den ich auf dem Zimmer erhielt. Hier konnte ich ankreuzen, was mir zum Glück noch fehlte beziehungsweise welche Hygiene-Artikel ich im Packstress zu Hause vergessen hatte und noch benötigte. Das Töpfchen („Potty“), das ich versehentlich ankreuzte, brachte mich zwar dem Glück nicht näher, sorgte aber für einen Lacher. Der ein oder andere Hotelier mag an dieser Stelle meinen, dies sei in unseren Breiten alles zu aufwendig, kostspielig und nicht realisierbar. Teilweise mag er damit auch recht haben. Aber auch kleinere Gesten wie ein schönes Gedicht zur Begrüßung, eine handgemachte Seife oder hausgemachte Pralinen auf dem Zimmer können für Glücksgefühle gleich zu Beginn der Wellnessreise sorgen.
| Gesunder Schlaf – ein wichtiger Wohlfühlfaktor |
Um sich im Urlaub gut zu erholen, ist gesunder Schlaf wichtig. Deshalb bieten exquisite Herbergen ihren Gästen die Möglichkeit, aus einem Kopfkissen- und Deckenmenü zu wählen. Soll das Kissen beispielsweise mit den flauschig-weichen Daunen des Eiders, einer skandinavischen Meerente, oder doch lieber mit Federn, Zirbe oder Schafswolle gefüllt sein? Oder können die Gäste gar entscheiden, auf was für einer Matratze sie sich betten möchten? Und auch durch ein duftendes Seifen-Potpourri, Gute-Nacht-Geschichten und eine kleine Schlaf-Apotheke bereiten Hoteliers ihren Gästen süße Träume. In einem Hotel in den Alpen stand für mich sogar ein Schlaftee am Abend bereit.
| Inspirier’ mich und schick’ mich auf Entdeckungsreise! |
Und auch beim Unterhaltungsprogramm eines Wellnesshotels gibt es feine Unterschiede. Sensible Hoteliers erfüllen sowohl das Bedürfnis ihrer Gäste nach Ruhe und Entspannung, bieten aber auch anregende Unterhaltung. Dabei gilt in Pandemie Zeiten mehr denn je die viel zitierte Social Media Weisheit „collect memories, not things“. Ich liebe es, wenn mich Wellnesshotels durch ihr Aktivitäten-Potpourri auf Entdeckungsreise schicken. Im Burj Al Arab in Dubai wurden wir mit einem Kamel-Ausritt überrascht. Dass wir zu unserem Abschied ein Foto dieses Happenings im goldenen Bilderrahmen erhielten, machte uns tatsächlich sprachlos. Auch ein Candle-Light-Dinner am Strand wird mir immer in Erinnerung bleiben. Holte uns der astronomisch geschulte Kellner doch tatsächlich mit seinen kosmologischen Erläuterungen während des Dinners die Sterne vom Himmel.
So punkten bei mir gerade die Hotels, die Abenteuer wie einen bunten Konfettiregen auf mich niederrieseln lassen. Ob Lesungen oder Konzerte, Open-Air-Kino, Wein-, Whisky- oder Käse-Tastings, Sonnenaufgangs-, Kräuter- oder Vollmondwanderungen, Mal- oder Literatur-Workshops, Wüsten-Exkursionen und Tauchgänge – all diese Erlebnisse, von Wellnesshotels organisiert, besitzen die Kraft, mich auf Wolke sieben zu katapultieren – und dies ganz ohne Date!
| Unvergessen, bis zum nächsten Mal! |
Und auch beim Abschied können Hoteliers ihren Gästen noch mal zeigen, dass sie ihnen wirklich am Herzen liegen. Zum Beispiel mit einer Lunch-Box als Proviant für die Reise. Oder mit einer hausgemachten Marmelade, einem kleinen Zirbenholzkissen oder einer duftenden Creme, die den Gast zu Hause von der glücklichen Wellness-Auszeit träumen lässt.
Das kreativste Abschiedsgeschenk wurde unseren Kindern im Burj al Arab überreicht: Zwei flauschige Teddybären, deren Bademäntel tatsächlich die Namen unserer Kinder trugen – selbstverständlich in goldenem Garn! Eine individuellere Ansprache ist kaum möglich. So zeigt das Luxus-Flaggschiff am Persischen Golf eindrücklich, dass der Service-Fantasie auch beim Abschied keinerlei Grenzen gesetzt sind.
Damit es mit Durchblick wieder nach Hause ging, überraschte mich ein anderes Hotel zum Abschied mit einer gewaschenen Windschutzscheibe. Es sind oft kleine Gesten, die großen Eindruck hinterlassen!