Rosi Schipflinger, die Wandelbare: Ohne eines ihrer 40 Dirndl mit 100 Wechselschürzen, aber mit unverkennbarem „Lacher“.
Sie ist der Inbegriff einer Vollblutwirtin, die seit 55 Jahren mit Mut und starkem Willen am Sonnberg über Kitzbühel agiert. Da, wo Promis in ihren Stuben ein- und ausgehen und sich in selbstverständlicher Eintracht mit Otto-Normalverbraucher herzlich willkommen fühlen. Bei Rosi Schipflinger, die ganz klein und bescheiden angefangen, allen Widerständen getrotzt und im Alleingang ihr heute in aller Welt und Munde bekanntes Refugium aufgebaut hat.
Was von außen wie ein Märchen anmuten mag, begann mit einer Bergwiese, die ihr vom Vater geschenkt wurde. Rosi startete hier in der Abgeschiedenheit über Kitzbühel mit der Vermietung einiger Zimmer, servierte anfangs nur Frühstück, erweiterte dann die Küche, weil es am Berg nirgendwo was zu essen gegeben hatte. Rosi als strammer Ein-Frau-Betrieb: Zimmer, Küche, Büro und alleinerziehende Mutter eines kleinen Buben. Keine einfachen Zeiten verbunden mit sehr viel Arbeit. Aber die war sie ja gewohnt. Dass es in den Sonnbergstuben eine gute Küche gibt, hatte sich unten im Tal herumgesprochen, immer öfter waren nach der ersten Durststrecke die Tische so voll, dass sie das kleine Haus erweitern musste. Es sollten viele weitere Adaptierungen, Zu- und Umbauten folgen, ein kleines, feines Spa-Angebot, Weinkeller, Grillstation auf der Panoramaterrasse und irgendwann auch eine Kapelle inklusive.
Anpacken kann sie, die mittlerweile schier unglaublich 80 Jahre alte Rosi. Und das seit ihrer frühesten Jugend. Aber das würde ja nicht schaden, sondern den Menschen nur prägen, wie sie ziemlich emotionslos rekapituliert. Architekten hatte die Gastgeberin dafür nie bemüht, sämtliche Investitionen waren Kraft ihrer eigenen Kreativität umgesetzt worden.
Die Promi-Wirtin will eigentlich gar keine sein. Egal für wen. Darauf legt sie großen Wert. Aber die Gäste kamen irgendwann ganz von selbst, gleich einem Schneeballsystem verselbstständigte sich der internationale Ansturm auf die Sonnbergstuben und hält bis heute an. Rosi ist zur Institution geworden. Nach dem Geheimnis ihres beispiellosen Erfolgs gefragt, kommt die bescheiden-nüchterne Antwort: Dass sich Promis bei ihr deshalb so wohl fühlen, weil sie auch diese Gesellschaftsschicht ganz normal behandle wie jeden anderen Gast auch. Und dass die Leute spüren müssen, gerne und mit Leib und Seele Wirtin zu sein.
Dass ihre Liebe zum Singen und Musizieren von Musikproduzent Jack White – als einem der ersten der zukünftigen Stammgäste – beim Unterhalten der Gäste entdeckt worden war, mag vielleicht wirklich als kleines Märchen durchgehen. Fünf produzierte CDs später und vor allem ein Auftritt im Musikantenstadl (für Rosi die Krönung) zeugen von einer nie geplanten „Zweitkarriere“. Nach wie vor jedoch singt sie am allerliebsten für ihre Gäste in den Sonnbergstuben. Glück und Demut hatte ihre Privat-Audienz beim Papst anlässlich ihres runden Geburtstages hervorgerufen. Darauf, dass als Jubiläumsgeschenk der Gemeinde Kitzbühel künftig ein „Rosi-Platz“ die weltberühmte Gamsstadt zieren wird, darf und kann sie ebenso mit allem Recht stolz sein.
Ein Erfolgsweg als Steilvorlage für Sohn Fridl Schipflinger, der – viele Jahre weltweit Küchen- und Lebenserfahrungen sammelnd – bestens gerüstet ist, in große Fußstapfen zu treten.